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[Selfpublishing unverblümt] Folge 2: Wenn die böse 1-Stern-Rezension kommt

Folge 2: Wenn die böse 1-Stern-Rezension kommt

Buchrezensionen sind wichtig, das steht außer Frage. Sie können aufschlussreich für andere Leser:innen sein und für Autor:innen natürlich auch. Es heißt sogar, dass in gewissen Online-Shops Algorithmen, die einem Buch mehr Sichtbarkeit verleihen, erst anspringen, wenn eine bestimmte Anzahl an Rezensionen erreicht ist. Ob das nun stimmt oder nicht – ich bin jeder Person dankbar, die sich die Zeit nimmt und die Mühe macht, eine Bewertung zu einem Buch zu hinterlassen. Denn Bewertungen bedeuten Arbeit, selbst, wenn sie kurz und teilweise auch ganz ohne Text ausfallen.

Es gibt tatsächlich Portale, auf denen man nur dann Werbeanzeigen für sein Buch schalten kann, wenn eine bestimmte Anzahl an Kundenbewertungen erreicht ist. Auf einen solchen Fall bin ich bereits gestoßen. Lassen wir solche Sonderfälle aber mal weg. Fakt ist: Interessierte Leser:innen können sich anhand von Rezensionen unter Umständen ein erstes Bild davon machen, ob die Lektüre etwas für sie sein könnte oder nicht. Und Autor:innen können unter Umständen etwas dazulernen, wenn sie Rezensionen lesen. Um es noch einmal zu betonen: Unter Umständen kann das so sein. 

Nun können Bewertungen aber nicht nur entweder kurz oder lang ausfallen, sondern auch – genau – entweder positiv oder negativ. Und da ich in dieser Kolumne unverblümt über mein Dasein als Selfpublisherin sprechen möchte, komme ich direkt zu den negativen Kritiken. Vor allem zu denen, die es in sich haben. 

Negative Rezensionen

Wenn man als Autor:in eine negative Bewertung zu einem Buch bekommt, kann das ziemlich emotional sein. Schließlich hat man viele Arbeitsstunden und eine ordentliche Portion Herzblut in den Text gesteckt. Man hat sein Buchbaby heranwachsen lassen, es in die Öffentlichkeit hinausgeschickt … und damit auch angreifbar gemacht. Wenn dann jemand daherkommt und dem Buch die Mindestpunktzahl gibt, oftmals einen einzigen von vielen möglichen Sternen, kann das wehtun. Vor allem Autor:innen, die eine 1-Stern-Rezension noch nicht gewohnt sind, könnte diese erst mal mental ausknocken. Denn sie besagt ja: Es gibt da draußen jemanden, dem das Buch nicht gefallen hat, und zwar so gar nicht. Vielleicht kann dieser Jemand sogar seitenweise aufzählen, warum das Buch angeblich das schlechteste ist, das er je vor die Nase bekommen hat. Und das wiederum kann nun die ganze Welt nachlesen, denn die Rezension ist in der Regel frei zugänglich … oftmals in einem Online-Shop, vielleicht aber auch in einem Blog, einem sozialen Netzwerk oder einem Literaturportal. Juchee, da kommt Freude auf! 

Wie ein Schlag in die Magengrube 

An besonders empfindlichen Tagen lassen wir Schreiberlinge es sogar zu, dass eine einzige negative Kritik schon ausreicht, um zermürbende Selbstzweifel aufkommen zu lassen. Dann fragt man sich: Kann ich überhaupt schreiben? Gibt es da draußen auch nur eine Person, der mein Stil gefällt? Oder mache ich mich lächerlich und nerve alle? Sind meine Mühe und meine Begeisterung für die Katz, weil ich nun mal so schlecht bin? Eine negative Rezension wird häufig nun mal stärker wahrgenommen als eine positive. Daher helfen selbst mehrere Leser:innenmeinungen, die vor Begeisterung nur so strotzen, manchmal nicht, um einen einzelnen Verriss auszugleichen. Stattdessen braucht es zusätzlich einige Zeit, um sich von dem Tiefschlag zu erholen. 

Was solche Tiefschläge angeht, habe ich in den vergangenen Jahren – wie formuliere ich das jetzt – viele intensive Erfahrungen gesammelt. Manchmal kommt es mir sogar so vor, als würden meine Bücher böse 1-Stern-Rezensionen regelrecht anziehen. Wirklich jeder meiner Romane bekommt negative Bewertungen mit nur einem Stern. Und in diesen Rezensionen gehen die Verfassenden gerne aufs Ganze: Sie regen sich über mein schriftstellerisches Können und Dasein bis zum Geht-Nicht-Mehr auf und machen dabei keine halben Sachen. Da geht es so richtig unter die Gürtellinie, ohne angezogene Handbremse. So wütend mache ich so manche Leser:innen mit meinen Texten. 

Auch mich haben die ersten negativen Bewertungen zunächst ins Taumeln gebracht. Aber mittlerweile komme ich damit gut, nein, prima klar. Und so findet man mich heute nicht mehr heulend und zusammengekauert in der Ecke liegen – ja, das ist durchaus vorgekommen, sogar mehr als einmal und in mehr als nur einer Ecke –, sondern munter und motiviert vor dem Schreibtisch, um am nächsten Manuskript zu arbeiten. Und das hat einen Grund. 

Im Laufe der Zeit ist mir klargeworden, dass es drei verschiedene Arten von negativer Kritik gibt.

Typ 1: Konstruktive Kritik 

Wenn eine negative Bewertung sachlich formuliert ist und womöglich sogar angemessene Argumente aufführt, kann ich sie ernst nehmen. Vielleicht wird mir als Autorin in der Rezension sogar ein Tipp mit auf den Weg gegeben, den ich nachvollziehbar finde und für die Zukunft beherzigen möchte. Das wäre ein Gewinn, und zwar für mich, meine Stammleser:innen und darüber hinaus. Eventuell zeigt mir der konstruktive Vorschlag aber auch, dass ich meinen Schreibstil gerne so beibehalten möchte, wie er ist. Auch das hätte einen konstruktiven Effekt auf mich. Unterdessen können Leser:innen prüfen, ob die besonnen formulierte Rezension ihnen Aufschluss darüber gibt, ob der Lesestoff etwas für sie sein könnte oder nicht. Im bestmöglichen Fall führt das zu einer Win-Win-Win-Situation für alle drei Parteien, wunderbar. 

Typ 2: Andersdenkende Kritik

Geschmäcker sind und bleiben verschieden. Das wissen wir im Grunde alle, aber manchmal muss man sich diese unumstößliche Tatsache so richtig ins Bewusstsein holen. Außerdem geht das, was ich mit „andersdenkender Kritik“ meine, darüber hinaus. Hat mein Buch einer:m Lesenden vielleicht deswegen nicht gefallen, weil sie:r keinen seichten Liebesroman erwartet hat, sondern stattdessen womöglich einen düsteren oder tiefgründigen oder dramatischen? Hat es also ein sogenanntes „Missmatching“ zwischen ihr:m und dem Cover beziehungsweise dem Klappentext gegeben? Möglich wäre es – auch wenn man so etwas eigentlich mit der Buchverpackung beziehungsweise der organischen Werbung zu vermeiden versucht. Das kommt in den besten (Publisher-)Häusern vor und ist absolut kein Grund, sich schlecht zu fühlen. 

Und zu guter Letzt gibt es noch den dritten Typ an negativer Kritik … 

Typ 3: Haters gonna hate

Dieser Typ hat es in sich, denn dabei handelt es sich um Verrisse, in denen beleidigt und sich ausgekotzt wird, was das Zeug hält. Typische Formulierungen, die immer wieder auftauchen, weil die Verfasser:innen dieser Kategorie leider nicht sonderlich originell zu sein scheinen, sind folgende: 

„Das ist der größte Mist, den ich je gelesen habe.“ 

„Selbst 1 Stern ist noch zu viel.“ 

„Sogar 99 Cent sind für den Schund zu teuer.“ 

„Die Autorin ist einfach nur peinlich.“ 

„Ich hätte am liebsten meinen Reader in die Ecke geschmissen.“ 

„Das liest sich wie ein plumper Schulaufsatz.“ 

„Die Figuren wirken so unreif wie Teenager.“ 

Steht so etwas in einer 1-Stern-Rezension? Dann hat man es mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem berüchtigten dritten Typ zu tun. Und ich nenne diese Art der negativen Kritik gerne die der Hater. 

Natürlich sind es vor allem Rezensionen dieses Typs, die Autor:innen an die Nieren gehen können. Weil sie aggressiv sind. Dramatisieren. Übertreiben. Beleidigen. Sie sind unsachlich und werden manchmal sogar persönlich. 

Aber genau das ist der Punkt. Gerade mit dieser Übertreibung, dieser Aggression, dieser Beleidigung disqualifizieren sich solche „Rezensenten“ wunderbar selbst. 

Denn mal ehrlich: Warum sollte man auch nur mit dem Gedanken spielen, seinen nicht gerade günstigen E-Book-Reader kaputtzumachen, weil einem ein Buch nicht gefallen hat? Ich persönlich hatte diesen Gedanken noch nie. Auch nicht mit meinem Fernseher, wenn mir mal ein Film nicht zusagt. Und was soll dieses „Selbst 1 Stern ist noch zu viel“? Noch mal: Ich spreche nicht von Kritiken, in denen es einfach heißt, dass einem persönlich das Buch nicht gefallen hat. Aber was um alles in der Welt soll dieses künstliche Drama? 

Na klar, es soll reinhauen, Eindruck schinden, hängenbleiben, verletzen. 

Die große Frage ist … Warum? 

Für mich ist die Antwort klar: Weil in Wahrheit ganz andere Probleme dahinterstecken. Nicht dieses eine Buch macht den Rezensenten wütend, sondern irgendetwas anderes. Etwas Tiefergehendes. Zum Beispiel, dass die Person gerade einen schlechten Tag hatte. Oder auf der Arbeit gemobbt wird. Oder kürzlich verlassen wurde. Oder das Wetter doof ist. Oder sie:r selbst gerne ein Buch schreiben würde, es aber nicht fertigbekommt. Oder es zwar fertigbekommen hat, es sich aber nicht gut verkauft. Wer weiß? Die wahren Hintergründe können vielfältig sein. Und ich persönlich bin bekanntlich keine Psychologin. Aber mir kann niemand erzählen, dass es „normal“ ist, aggressiv zu werden, wenn einem ein Buch nicht gefällt. 

Trotzdem kommen solche fehlgeleiteten Aggressionen vor. Bei meinen Büchern sogar ständig, wie gesagt. Manchmal werde ich auch als Mensch angegriffen. Dann heißt es zum Beispiel: 

„Die hat Literatur studiert? Die muss in den Vorlesungen aber gepennt haben.“ 

„Die Autorin lebt laut Biografie neben einem Wald. Jetzt weiß ich, wie man schreibt, wenn man Hinterwäldler ist.“ 

Interessant, oder? 

Vor allem finde ich eine Beobachtung aufschlussreich: Je erfolgreicher ein Buch von mir ist, umso häufiger und heftiger fallen die Hater-Rezensionen aus. 

Zufall? Wer weiß. Aber so verlockend es auch ist – auf Verrisse antworte ich nie. Trolle soll man bekanntlich nicht füttern. Zu groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass mein Gegenüber das in den falschen Hals bekommt, ganz egal, wie meine Antwort ausfällt. Je weniger Aufmerksamkeit ein Verriss bekommt, umso schlechter ist es für den Hater-Text und seine Verfasser:innen. 

Haters gonna hate … anyway 

In dem Zusammenhang fällt mir das Interview ein, welches der junge, angehende Reporter Jaden Jefferson im Jahr 2019 mit Oprah Winfrey für ellentube machen durfte. Nachdem der gerade einmal elfjährige Jaden durch Ellen DeGeneres als TV-Journalist bekannt wurde, zeigte Oprah sich im Interview überzeugt davon, dass er ab sofort Hater haben würde. Für sie war es keine Frage, ob, sondern nur noch, wann. Jadens Antwort war genauso aufschlussreich, insbesondere wenn man bedenkt, wie gelassen er dabei wirkte: „Ach, Hater habe ich längst.“ Für Oprah und Jaden gehören sie zum Erfolg einer veröffentlichenden Person automatisch dazu. Wem es also hilft, der kann regelmäßige Verrisse als Bestätigung seiner wachsenden Sichtbarkeit verstehen. Legitim wäre es. 

Dennoch können böse 1-Stern-Rezensionen belastend sein. Nicht allen mag es gelingen, sich mit der Zeit emotional von ihnen zu distanzieren. Aus diesem Grund halte ich es ebenso für berechtigt, wenn man irgendwann an den Punkt kommt, Bewertungen mit nur einem Stern überhaupt nicht mehr zu lesen. Das bedeutet keineswegs, dass man kritikunfähig ist. Kein:e Autor:in ist verpflichtet, Rezensionen zu lesen. In der Regel haben Schreiberlinge ihre Texte einem Lektorat und Korrektorat unterzogen, bevor sie veröffentlicht wurden. Womöglich haben sie sogar Testleser:innen herangezogen oder das Werk einem Schreibcoach gezeigt oder tauschen sich in einem Autor:innenforum aus. Es gibt genügend Wege, um an konstruktive Kritik zu kommen, mit der man sich auseinandersetzen kann, um sich weiterzuentwickeln. Destruktive Beleidigungen zählen nicht dazu. Wenn jemandem seine Lebenszeit und -energie dafür ganz grundsätzlich zu schade sein sollte, sehe ich darin kein Problem.

Nächsten Monat erfahrt ihr übrigens, wie mich Dienstleister enttäuscht haben. Jeden 20. des Monats gibt es einen neuen Beitrag der Kolumne im Blog des Selfpublisher-Verbandes.


C.R. Scott – Autorin, Grafikerin und jetzt auch Kolumnistin

C. R. Scott wurde 1984 in Schleswig-Holstein geboren und hat Literatur studiert. Egal ob prickelnd, fantastisch oder verträumt – ihre Liebesromane begeistern Tausende von Lesern. Inzwischen gibt es einige ihrer Bestseller auch als Hörbuch. Die Autorin ist Mitglied im Montségur Autorenforum und in der Jury für den Selfpublishing-Buchpreis. Wenn sie mal nicht schreibt, geht sie am liebsten durch den Wald spazieren und lässt sich für neue Geschichten inspirieren.

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C.R. Scott

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