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[Selfpublishing unverblümt] Folge 4: Wenn mein Hund mehr Likes bekommt als ich

Folge 4: Wenn mein Hund mehr Likes bekommt als ich

Marketing zu betreiben, zählt für viele Berufs-Selfpublisher:innen zum Pflichtprogramm. Eine suchmaschinenoptimierte Webseite, ein aktiver Facebook-Account, sinnvolle Anzeigenschaltungen und ein informativer Newsletter helfen in der Regel dabei, sichtbar zu werden. Das Schlagwort, das in dem Zusammenhang angeblich immer mehr eine Rolle spielt, ist das „Storytelling“. Im Prinzip bedeutet dies, dass man beim Marketing nicht nur von Buch zu Buch denkt, sondern sich auch übergreifend als Autor:innenmarke etabliert und seinen Werken und Kanälen Wiedererkennungswert verleiht. Und eben eine Geschichte darüber erzählt, wie man zu seinem Autor:innendasein kam. Oftmals geht dies mit der Frage einher, was man über sich erzählen kann und was einen ausmacht, ohne sich dem Publikum aufzudrängen oder es zu langweilen. Was dafür wiederum technisch und rechtlich zu beachten ist, wie viel Arbeitszeit das Marketing einnehmen soll und wie viel man von seinem Privatleben mit der Welt teilen möchte. So kann schon allein die Planung des Marketings nervenaufreibend und zeitfressend sein – von der Umsetzung ganz zu schweigen. Leider weiß man im Vorfeld nicht mit Sicherheit, ob der Weg, für den man sich entscheidet, zum gewünschten Ziel führt. Eventuell muss man nach einiger Zeit die Werbe-Segel neu setzen und noch einmal bei null beginnen.

Do it yourself: Marketing

Einige Autor:innen wenden sich deswegen an Agenturen. Inzwischen gibt es sogar Marketingagenturen, die sich auf Selfpublishing-Titel spezialisiert haben. Ich selbst habe auf diese Möglichkeit bisher nicht zurückgegriffen, deswegen kann ich dazu keine Erfahrungen aus erster Hand schildern. Kolleg:innen von mir, die Marketingagenturen beauftragt haben und mir ihre Erkenntnisse anvertrauen mochten, kommen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Einige sind zufrieden und stellen verkaufsfördernde Effekte fest, andere sind leider davon überzeugt, Tausende von Euro in den Sand gesetzt zu haben.

Ich jedenfalls kümmere mich um mein Marketing selbst. Was das angeht, habe ich inzwischen Erfahrungen darin sammeln können, was für meine Bücher gut funktioniert … und was nicht. Nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“ hat sich über die Jahre meine individuelle Werbestrategie herauskristallisiert, die ich bis heute hin und wieder anpasse.

Dann kam das Dackeltier

Irgendwann fing ich auch damit an, meinen Hund auf Facebook und Instagram zu zeigen. Das habe ich nicht gemacht, um damit meine Bücher zu promoten. Mein Dackel ist ein wichtiger Teil meines Lebens und begleitet mich getreu durch den Alltag. Außerdem hat er, wie ich finde, wunderschöne Augen und katapultiert sich selbst in die witzigsten Situationen. Sei es, weil er plötzlich mit einer meiner Schreibmaschinen kuschelt, grinsend auf dem Kopf liegt und dabei einschläft, kritisch auf mein Manuskript starrt oder zurückgrummelt, wenn mein Magen knurrt. Solche Momente muss ich einfach festhalten und mit meinen Lesenden teilen, denn darüber zu reden, macht noch einmal genauso viel Spaß, wie es erlebt zu haben. In solchen Beiträgen pflege ich dann vom „Dackeltier“ zu sprechen.

Seit ich damit angefangen habe, zählen die Fotos und Texte übers Dackeltier zu den beliebtesten Beiträgen auf meinen Kanälen. Mein Hund bekommt mehr Likes als ich, wenn ich mich mal auf einem Bild zeige oder etwas über meine Romane erzähle. Das musste ich erst einmal verdauen, denn im ersten Moment habe ich nicht ganz verstanden, woran das liegt … und ob ich das persönlich nehmen soll.

Versehentlich habe ich etwas richtig gemacht

Erst mit der Zeit ist mir klargeworden, dass das Dackeltier so gesehen Teil meines Storytellings ist. Ich bin also die Autorin mit dem witzigen, süßen Dackel. Dieser Aspekt spricht viele sofort an und bleibt bei ihnen hängen.

Mittlerweile habe ich auch verstanden, wieso: Weil das Dackeltier ein authentisches Storytelling ist. Da ist also dieser dickköpfige kleine Hund in meinem Leben, der sich mit Wucht dagegenstemmt, wenn er beim Spaziergang eine andere Richtung einschlagen will als ich. Und der sich regelmäßig von einer Fliege ärgern lässt, ohne sie fangen zu können. Auch das führt zu witzigen Situationen. Allerdings habe ich mir dieses eigensinnige Haustier nicht erst zugelegt, um es zu vermarkten, sondern es war sowieso schon da, weil ich es gerne in meiner Familie haben wollte und wir eine Verbindung zueinander aufgebaut haben. So viel zum Thema Authentizität. Die Botschaft, die das Dackeltier herüberbringt, ist zudem simpel und entzückend zugleich: Ich bin witzig und süß. Und jeder, der auch einen Hund hat oder einfach Haustiere liebt, kann sich mit den Situationen, von denen ich erzähle, identifizieren. Das Bedürfnis, meine Dackeltier-Erlebnisse mit der Welt zu teilen, kam jedenfalls aus meinem Herzen, nicht durch eine kalkulierte Marketingplanung. Das spüren die Menschen.

So können Marketingmaßnahmen, die wir gar nicht als solche planen, besonders effektiv sein. Weil sie nicht geskriptet sind, sondern das Leben sie schreibt … beziehungsweise wir mit unseren Persönlichkeiten, ganz automatisch. Genau das macht sie sympathisch. So kann es passieren, dass der Hund mehr Likes bekommt als sein schreibendes Frauchen und dessen Romane. Darüber muss das Frauchen dann auch nicht beleidigt sein.

Marketing – hate it or love it

Wie auch immer: Durchaus würde ich die ganze Marketing-Thematik als potenzielle Schattenseite des Selfpublisher:innen-Daseins betrachten, weil nicht jedem, der gerne schreibt, auch die Vermarktung seiner Bücher liegt. Oder gar die Selbstdarstellung seiner Person. Nicht jeder steht gerne im Rampenlicht. Nicht jeder teilt gerne Privates im Internet, das bekanntlich nichts vergisst. Und nicht jeder steht überhaupt in irgendeiner Form gerne in der Öffentlichkeit. Ich kenne zum Beispiel eine selbstpublizierende Autorin, der von einem renommierten Verlag ein Vertrag angeboten wurde, aber weil sie sich nicht auf eine große Lesetour festnageln lassen wollte, kam der Deal nicht zustande. Ich habe sogar mit Autor:innen gesprochen, die für missverstandene Marketingaktionen Shitstorms geerntet haben. Und ich weiß von einer Selfpublisherin, dass sie kaum noch zum Schreiben kommt, weil ihr Instagram-Account zu einem Fulltimejob mutiert ist und sie ein perfektes Image von sich erschaffen hat, das sie nun unbedingt aufrechterhalten möchte.

Ich persönlich halte es für wichtig, sich nicht zu verbiegen, eben auch nicht, wenn es ums Marketing geht. Deswegen findet man auf meinen Kanälen kaum Selbstporträts, auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, dass solche Autorinnenfotos von mir die Leser:innenbindung fördern und mehr Likes bekommen würden. Ich fühle mich einfach unwohl, wenn ich mich selbst inszenieren und präsentieren soll, also lasse ich es – bis ich es mir vielleicht eines Tages anders überlegen sollte. So oder so kann ich vom Schreiben leben, ohne dass ich mich zu Dingen zwinge, die ich nicht tun mag. Wie gesagt: Die Lesenden spüren, ob man authentisch ist oder sich unwohl fühlt. Man kann sie mitnehmen auf einer Fahrt, auf der man sowieso Spaß hat, oder ihnen zu spüren geben, wie verunsichert und verstellt man ist. Und das Internet vergisst nun mal nie.

Nächsten Monat erfahrt ihr, warum auch Lesende mal über die Stränge schlagen. Jeden 20. des Monats gibt es einen neuen Beitrag der Kolumne im Blog des Selfpublisher-Verbandes.


C.R. Scott – Autorin, Grafikerin und jetzt auch Kolumnistin

C. R. Scott wurde 1984 in Schleswig-Holstein geboren und hat Literatur studiert. Egal ob prickelnd, fantastisch oder verträumt – ihre Liebesromane begeistern Tausende von Lesern. Inzwischen gibt es einige ihrer Bestseller auch als Hörbuch. Die Autorin ist Mitglied im Montségur Autorenforum und in der Jury für den Selfpublishing-Buchpreis. Wenn sie mal nicht schreibt, geht sie am liebsten durch den Wald spazieren und lässt sich für neue Geschichten inspirieren.

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C.R. Scott

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