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[Selfpublishing unverblümt] Folge 11: Wenn Kolleg:innen nicht so kollegial sind

Folge 11: Wenn Kolleg:innen nicht so kollegial sind

In Episode 3 habe ich bereits darüber gesprochen, dass Selfpublisher:innen gar nicht komplett auf sich gestellt sein müssen, sondern sich für bestimmte Aufgaben an Dienstleister wenden können. Ähnliches gilt für das Thema Kolleg:innen: Man muss als Autor:in kein:e Eigenbrötler:in sein, auch dann nicht, wenn man ohne Verlag veröffentlicht. Insbesondere im heutigen digitalen Zeitalter ist es sogar ziemlich leicht, Gleichgesinnte zu finden, um sich über die neuesten Trends auf dem Literaturmarkt auszutauschen oder einfach beim gemeinsamen Mittagessen zu plaudern. Gerade der Selfpublisher-Verband e. V. ist eine ideale Anlaufstelle dafür – das stelle ich immer wieder begeistert fest. Und ich brauche diese Vernetzung in meinem Autorenleben dringend. Nicht nur mit Lektor:innen & Co., sondern auch mit anderen Schreibenden, um wieder so etwas wie Kollegen und Kolleginnen zu haben. Das erweitert nicht nur regelmäßig meinen beruflichen Horizont, sondern ist auch Balsam für die Seele. Soziale Kontakte zu Menschen, die dem gleichen Beruf beziehungsweise derselben Leidenschaft nachgehen, tun mir gut und tragen dazu bei, dass mir nicht die Decke auf den Kopf fällt.

Doch wie war das noch gleich mit den schwarzen Schafen? Richtig: Es gibt sie überall. In Episode 5 habe ich schon erzählt, dass Leser:innen manchmal über die Stränge schlagen. Und leider gilt das in vereinzelten Fällen auch für schreibende Kolleg:innen.

Ein Beispiel dafür habe ich bereits in Episode 10 genannt: Als mein Liebesroman „Stranger’s Offer“ in die Top 70 der Charts kam und ich mich darüber gefreut habe, wurde ich von ein paar anderen Selfpublishern darauf angesprochen, dass das E-Book doch echt besser laufen könnte. Diejenigen wollten wissen, was da schiefgelaufen sei, denn sie hätten von mir mehr erwartet.

Vielleicht bin ich mit meinen erfreulicherweise guten Verkaufszahlen automatisch ein Magnet für derartige Konfrontationen. Jedenfalls habe ich noch mehr Anekdoten auf Lager. Und ich wäre nicht die Autorin der Kolumne „Selfpublishing unverblümt“, wenn ich nicht im Folgenden ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern würde. Los geht’s.

Aufdringlichkeit lässt grüßen

Mittlerweile kommt es regelmäßig vor, dass mich angehende Selfpublisher:innen anschreiben, weil sie möchten, dass ich meinen Stammleser:innen ihren Debütroman näherbringe. An sich ist das in Ordnung, denn hin und wieder ist es ein Mehrwert für meine Newsletter-Abonnent:innen, wenn ich auf ein gelungenes Werk desselben Genres aufmerksam mache. Aber leider scheinen einige Autorinnen und Autoren bei all der Euphorie ihre Manieren zu vergessen. Denn nicht selten überfallen mich diese Selfpublisher:innen mit ihrer Anfrage regelrecht. Anstatt sich erst einmal vorzustellen oder mich wissen zu lassen, wie sie auf mich gekommen sind, fallen sie direkt mit der Tür ins Haus. Sie hauen mir die Information um die Ohren, dass ihr E-Book gestern erschienen ist und es toll wäre, wenn ich noch heute einen Newsletter dazu verschicken würde. Antworte ich darauf nicht innerhalb weniger Stunden, werde ich mit Folgenachrichten bombardiert. Schnell ist mein Gegenüber beleidigt und beschimpft mich als arrogant.

Interessante Sichtweise, oder?

Eine bestimmte Selfpublisherin hat das noch getoppt. Sie schrieb mir in ihrer Anfrage, dass sie auch gerne für meine Romane in ihrem Newsletter Werbung machen könnte. So weit, so gut. Aber ihre Nachricht ging noch weiter: Sie meinte, dass sie nur deswegen noch nicht so viele Abonnent:innen hätte wie ich, weil sie später angefangen hätte. Alles, was uns voneinander im Moment noch unterscheidet, sei also bloß mein zeitlicher Vorsprung. Den würde sie bald aufgeholt haben, das sei doch vollkommen klar. Und dann dürfte ich mich glücklich darüber schätzen, wenn wir unsere Liebesromane gegenseitig bewerben würden.

Wie gesagt: Manche Sichtweisen sind dermaßen faszinierend, dass sie mich sprachlos machen.

Gegenseitiges Vertrauen ist wichtig

Sauer aufgestoßen ist es mir auch, als ich mich tatsächlich mal mit einer anderen Romance-Autorin auf gegenseitige Newsletter-Werbung eingelassen habe. Dass sie deutlich weniger Abonnent:innen hat als ich, habe ich nie zum Thema gemacht. Vor unserer geplanten Aktion fing die Autorin aber auf einmal an, mich daran zu erinnern, dass ich meinen Teil der Abmachung auch wirklich einhalten müsste. Mehrere Male hat sie mich diesbezüglich ermahnt. Das fand ich komisch. Woher kam dieses Misstrauen? Und warum hatte sie dann überhaupt erst angefragt? Es blieb ein bitterer Nachgeschmack, und danach haben wir die Aktion nicht wiederholt.

Wenn Kolleg:innen zu ungefragten Experten werden

Eine besonders unangenehme Erfahrung mit einem Kollegen hatte ich, kurz nachdem ich „Rosen und Kristalle“ veröffentlicht habe. Das Romantasy-Werk weicht von meinen üblichen Liebesromanen ab und war ein absolutes Herzensprojekt. Als solches habe ich es in den Tagen vor der Veröffentlichung auf Facebook & Co. vorgestellt. Dann kam „Rosen und Kristalle“ heraus und lief nicht so gut wie meine Liebesromane, für die ich bei meinen Stammleser:innen bekannt bin. Das war mir schon vorher vollkommen klar und ich war zufrieden damit, wie sich das E-Book verkaufte.

Ein gewisser Selfpublisher sah das aber anders und fühlte sich dazu berufen, mich anzuschreiben und über sein Wissen aufzuklären. Er meinte zu mir, dass ich mit „Rosen und Kristalle“ einen Riesenfehler begangen hätte. Das Cover wäre schließlich nicht gelungen, der Text nicht passend fürs Genre, und überhaupt darf man nicht mehrere Genres unter demselben Namen bedienen.

Ein solches Feedback ist auf so vielen Ebenen schwierig: Erstens habe ich ihn nicht nach seiner Meinung gefragt, trotzdem hat er sie sehr direkt und scharf formuliert, obgleich er zumindest geahnt haben dürfte, wie sehr mein Herz an diesem Werk hängt. Zweitens ist es immer leicht, hinterher zu sagen, dass man angeblich schon vorher wusste, dass ein Werk schlecht laufen würde. Immer! Drittens stammt das Cover von Fantasy-Grafiker-Legende Alexander Kopainski und das Manuskript wurde kurz darauf von einem Publikumsverlag für eine Neuauflage unter Vertrag genommen. Das spricht nicht dafür, dass ich das Genre nicht verstanden hätte. Und viertens bedient der mich attackierende Autor selbst unter ein und demselben Pseudonym diverse Genres und Subgenres. Er tut also genau das, was er bei mir so unmöglich findet. Obwohl ich ihn von Buchmessen persönlich kenne, habe ich den Kontakt zu ihm abgebrochen, denn sein Verhalten hat mich wirklich enttäuscht und verletzt.

Sticheleien kommen vor

Angriffe von anderen Selfpublisher:innen erlebe ich auch im kleinen Rahmen zwischendurch. Es ist mir schon passiert, dass mir auf einer Veranstaltung im Vorbeigehen jemand zuruft, dass sich meine Bücher allein deswegen gut verkaufen, weil ich Glück mit den Veröffentlichungsterminen hätte.

Glück. Mit den Terminen. Immer. Aha.

Wie wahrscheinlich ist das? Egal. Denn die eigentliche Frage lautet: Was hat derjenige davon, mir so etwas aus dem Nichts an den Kopf zu werfen?

Keine Ahnung, ob da der Neid spricht. Möglich wäre es. Aber ich will mir nicht anmaßen, es zu wissen. Ich kann ein solches Verhalten nicht nachvollziehen.

Wie gesagt: Haters gonna hate

Aber wir hatten das Thema ja schon in Episode 2: Ab einem gewissen Erfolg und einer gewissen Sichtbarkeit scheinen Angriffe nicht auszubleiben. Als wäre dies ein ungeschriebenes Gesetz.

Nur so kann ich mir erklären, was mir mit einer bestimmten anderen Autorin passiert ist: Eine Zeit lang haben wir uns prima verstanden und uns oft unterhalten. Wir sind beide Romance-Autorinnen und mögen den Schreibstil der jeweils anderen. Sie hat schon diverse Werke von mir gelesen – und ich von ihr. Deswegen wurde es irgendwann zur Tradition, dass wir uns gegenseitig ein paar Taschenbücher mitgebracht haben, wenn wir uns getroffen haben. Und wenn das mal nicht möglich war, haben wir telefoniert. Stundenlang. Woche für Woche am gleichen Tag. Das habe ich wirklich genossen.

Doch irgendwann veränderte sich die Stimmung in unseren Gesprächen. Die andere Autorin war immer öfter schlecht drauf, weil sich ihre Romane nicht so gut verkauften. Das fand auch ich schade, denn meiner Meinung nach ist sie überaus begabt. Aber letztlich konnte ich da nichts machen. Ich habe jedoch gemerkt, dass unsere Unterhaltungen schwermütiger wurden. Und dann wurde sie in ihren Formulierungen bissig. Sie warf mir vor, meine Bücher zu günstig anzubieten. Damit würde ich für Talente wie sie den Markt kaputt machen. Ich habe erwidert, dass solche Anschuldigungen sie nicht weiterbringen würden. Angeblich hat sie das auch eingesehen. Aber dann behauptete sie, dass wir nicht mehr telefonieren oder uns treffen könnten, da sie von sozialen Kontakten eine Auszeit nehmen würde. Das habe ich respektiert. Wie sich dann allerdings herausstellte, war sie auf Facebook weiterhin aktiv. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu dem Fazit zu kommen, dass sie aus einer Frustration heraus den Kontakt zu mir abgebrochen hat. Ob das stimmt, kann ich auch hier nicht mit Sicherheit wissen. Es ist nur eine Vermutung. Ein Versuch, es zu verstehen.

Dass ich den Markt kaputt mache, habe ich nicht zum ersten Mal zu hören bekommen. Es gibt eine überaus erfolgreiche Romance-Selfpublisherin, deren E-Books super laufen und sich lange in den Top 30 der Kindle-Charts halten. Dennoch beklagt sie sich in regelmäßigen Abständen auf Facebook darüber, dass ihre Bücher noch besser laufen könnten, wenn Vielschreiber:innen wie ich nicht alle paar Wochen eine Neuerscheinung herausbringen würden. Wie viel Energie sie in ihr Klagen steckt und wie sicher sie sich ihrer These ist, finde ich bemerkenswert.
Mir passiert das sicherlich auch mal: Dass ich so rüberkomme, als wüsste ich über ein Thema besser Bescheid als andere. Das ist wohl nur menschlich. Entscheidend ist, ob man dabei einen respektvollen Ton behält. Auch im Internet. Auch vor Fremden.

Glücklicherweise sind die allermeisten Kolleg:innen, auf die ich im World Wide Web oder im „echten“ Leben treffe, durchaus kollegial. Schon allein die digitalen Stammtische, an denen ich teilnehme, bieten mir fachliche Impulse und auch so manche tolle Freundschaft. Das möchte ich um nichts auf der Welt missen.

Nicht immer verhalten sich vermeintliche Kolleg:innen sehr kollegial. Doch manchmal kann es auch im eigenen Umfeld zu unschönen Reaktionen kommen: Wie es sich anfühlt, wenn einen nicht einmal die eigenen Freund:innen ernst nehmen, erzählt uns C.R. Scott im nächsten Blogartikel. Jeden 20. des Monats gibt es einen neuen Beitrag der Kolumne im Blog des Selfpublisher-Verbandes.


C.R. Scott – Autorin, Grafikerin und jetzt auch Kolumnistin

C. R. Scott wurde 1984 in Schleswig-Holstein geboren und hat Literatur studiert. Egal ob prickelnd, fantastisch oder verträumt – ihre Liebesromane begeistern Tausende von Lesern. Inzwischen gibt es einige ihrer Bestseller auch als Hörbuch. Die Autorin ist Mitglied im Montségur Autorenforum und in der Jury für den Selfpublishing-Buchpreis. Wenn sie mal nicht schreibt, geht sie am liebsten durch den Wald spazieren und lässt sich für neue Geschichten inspirieren.

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C.R. Scott

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